Eltern zu werden, ist wohl die schönste Erfahrung, die sich Paare vorstellen können. der erste gegenseitige blick in die Augen, das erste stillen, die ersten Schritte: so unbeschreiblich diese Momente auch sind, so schwierig gestaltet sich nach Wiedereintritt ins Berufsleben die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Kinderbetreuung unterfinanziert

Das Problem vieler Schweizer Mütter: oft bleibt ihnen gar nichts anderes übrig, als komplett aus dem Job auszusteigen – erst recht, wenn das zweite Kind auf der Welt ist. Schliesslich fressen zwei Vollzeit-Krippenplätze durchschnittlich 46 Prozent des mittleren Einkommens auf. Gerade bei kleineren Arbeitspensen lohnt es sich für die meisten zweifach-Mütter kaum, ihren Job aufrechtzuerhalten. Was die Kosten für externe Kinderbetreuung betrifft, liegt die Schweiz a der Spitze der OECD-Länder. Hinzu kommt: Mit weniger als 0,2 Prozent des Bruttoinlandprodukts bildet sie bei der Finanzierung der familienergänzenden Kinderbetreuung vor Irland das europäische Schlusslicht. Norwegen und Schweden führen das Feld mit knapp zwei Prozent klar an. Hausarbeit besser verteilen und jene Frauen, die dennoch arbeiten gehen, fühlen sich extrem gestresst, sämtliche arbeiten, die zusätzlich zum Job anfallen, unter einen Hut zu bekommen. Eine im Februar dieses Jahres veröffentlichte Umfrage zu Massnahmen der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf bestätigt diesen Eindruck. Das Ergebnis: 61 Prozent der befragten Frauen und 43 Prozent der teilnehmenden Männer gaben an, dass kostengünstigere externe Betreuungsangebote hilfreich wären. Mit 63 Prozent die am meisten genannte Massnahme war es, die Verantwortung rund um die Haushaltsorganisation und Kinderbetreuung besser aufzuteilen. Knapp die Hälfte befürwortet mehr Anstrengungen seitens der Arbeitgeber, um Erwerbsarbeit und Familie besser zu vereinbaren.

Vorbild Schweden

dass sich beruf und Familie gut verknüpfen lassen können, zeigen die skandinavischen Länder – allen voran Schweden, das bereits in der 1970er-Jahren das Ehegattensplitting abschaffte und vier obligatorische Vätermonate nach der Geburt einführte. Hintergrund war der starke Fachkräftemangel, weshalb der Staat mehr Frauen für den Arbeitsmarkt gewinnen wollte. Bis heute sind deshalb Frauen weit mehr auf allen hierarchie- ebenen repräsentiert als hierzulande. nachmittags dem Büro den Rücken zu kehren und mit dem Kind zum Arzt oder auf den Spielplatz zu gehen, ist in Schweden gang und gäbe. In vielen Fällen ist zwischen 16.00 und 20.00 Uhr Familienzeitangesagt. Ist die Arbeit bis dahin noch nicht geschafft, wird der Rest per Homeoffice in die Abendstunden verlegt. Homeoffice sorgt für mehr Flexibilität überhaupt hat sich Homeoffice als alternative zu starren Arbeitszeitmodellen bewährt – auch in der Schweiz, wie ein internationales Forscherteam rund um die Soziologin Dr. Inga lass vom Bundesamt für Bevölkerungsforschung zeigt. Ergebnis der im vergangenen Jahr im Fachmagazin «Work, Employment and Society» veröffentlichten Untersuchung: Eltern, die den grössten Teil ihres Pensums im Homeoffice arbeiten, erleben deutlich weniger Konflikte zwischen Familie und Beruf. Vor allem berufstätige Mütter profitieren davon und können Ressourcen viel effizienter einsetzen. Beispielsweise in der Mittags- oder Kaffeepause kurz die Wäsche in die Waschmaschine stecken, ergibt für den Arbeitgeber keinerlei Nachteile. Für die Arbeitnehmenden kann es umgekehrt einen immensen Zeitgewinn bedeuten. Ähnlich andere Studien: Mütter, die mehrheitlich im Homeoffice arbeiten, haben durchschnittlich pro Woche drei Stunden mehr Zeit mit ihren Kindern zur Verfügung – ohne dass dies zu Lasten des Arbeitgebers geht.